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ReFashion: Der Trend zur Nachhaltigkeit

Mit cleveren Ideen erfolgreich zum nachhaltigen Textilunternehmen

Von Mario Crippa

Physical Experience Practice Head
Blog
  • Einzelhandel und Vertrieb

Unter ReFashion versteht man die Wiederverwendung von Kleidungsstücken und anderen Textilien, die entweder weiterverkauft werden oder zu wieder tragbarer Kleidung komplett auf- oder umgearbeitet werden. Das Konzept ist nicht neu. Seit Jahrhunderten werden Kleidungsstücke gespendet, geflickt, verliehen und aufgepeppt. Bedingt durch den Klimawandel (zusätzlich zur Pandemie und der globalen Wirtschaftskrise) rückt Circular Fashion zunehmend in den Fokus der Textildesigner von heute. 

ReFashion ist ein boomendes Geschäft mit Zukunft. Es wird erwartet, dass der weltweite Markt für den Wiederverkauf von Kleidung (oder Secondhand-Kleidung) von 96 Milliarden Dollar im Jahr 2021 auf 218 Milliarden Dollar im Jahr 2026 wachsen wird und damit das Marktwachstum des herkömmlichen Bekleidungshandels bei weitem übertrifft.

Die Verpflichtung zur Nachhaltigkeit

Auch wenn wir unsere Jeans oder Jacke vom letzten Jahr gerne spenden: In Wahrheit landen sagenhafte 87 % unserer Kleidungsstücke auf Mülldeponien oder in der Müllverbrennung. Laut einem Bericht des Weltwirtschaftsforums ist die Modebranche für 10 % der weltweiten CO2-Emissionen verantwortlich – mehr als alle internationalen Flüge und die Seeschifffahrt zusammen – und verbraucht zudem wertvolle Wasserressourcen und belastet die Umwelt. 

Die Vereinten Nationen haben 2019 die UN Alliance for Sustainable Fashion gegründet. Ziel ist es, die Mitgliedsorganisationen an einen Tisch zu bringen, um gemeinsam Projekte und Maßnahmen zu koordinieren, die darauf abzielen, die Modeindustrie umweltfreundlicher zu machen.

Weltweit überlegen Länder, wie sie den Umgang mit Mode nachhaltiger gestalten können. So schlägt die Europäische Kommission beispielsweise vor, Richtlinien zu erlassen, die Modehersteller dazu verpflichten sollen, langlebigere Kleidung zu entwerfen, um so die Belastung der Umwelt durch Fast Fashion zu verringern. Darüber hinaus erwägt die EU die Einführung einer Richtlinie, nach der im Fall von Menschenrechtsverletzungen, Umweltschäden und sozialen Auswirkungen die Unternehmen zur Rechenschaft gezogen werden können – und zwar in der gesamten Lieferkette. 

Die Vorreiter

Zahlreiche Unternehmen setzen inzwischen auf ReFashion in ganz unterschiedlichen Formen. Der britische Designer Tom-O nimmt ausgediente Kleidungsstücke und entwirft daraus ein neues Oberteil oder Kleid. Worn Wear von Patagonia bietet die Reparatur oder den Umtausch alter Mäntel oder Hosen und verkauft gleichzeitig wenig getragene Kleidungsstücke zum vergünstigten Preis. Das Unternehmen Allbirds betreibt ReRun, eine Website für den Wiederverkauf von gebrauchten Schuhen, und lululemon finanziert Nachhaltigkeitsinitiativen zu 100 % aus den Erlösen seiner Like New-Plattform. Außerdem haben unzählige Online-Händler das Secondhand-Geschäft aus den Innenstädten in alle möglichen Marktplätze verlagert. Ob Sneakers für 5 Euro oder eine fast neue Chanel-Tasche – nur ein paar Klicks entfernt, wird man bei eBay, ThredUp oder The RealReal fündig.

Laut unserem Bericht Consumers Unmasked: Stufe 3 legen amerikanische und europäische Verbraucher bei ihren Kaufentscheidungen Wert auf Nachhaltigkeit. Konsumenten liegen mehr denn je die Themen Upcycling und Reparatur sowie der Kauf von Gebrauchtwaren am Herzen. Und zwar so sehr, dass wir Unternehmen empfehlen, mehr Miet-, Recycling- und Upcycling-Optionen anzubieten. Darüber hinaus sollten Hersteller die Bedeutung neuer Qualitätskriterien wie Haltbarkeit und Auswirkungen auf die Umwelt im Blick behalten. 

Wege in die Zukunft

Jede Veränderung ist auch eine neue Chance. Wie ein neuer Bauplan für Ingenieure, Geschäftsstrategen und Entwickler, der uns neue Wege aufzeigt, wie sich aus Technologie und Design das Beste herausholen lässt. Nachfolgend erklären wir Ihnen, worauf Unternehmen bei der Umsetzung ihrer ReFashion-Strategie achten sollten:

Geschäftsstrategie: Ob nur E-Commerce oder eine Kombination aus stationärem und digitalem Handel – Unternehmen müssen verstehen, wie die Puzzleteile aktuell und auch in Zukunft zusammenpassen. Wir stehen an einem Wendepunkt, denn angesichts immer zahlreicher werdenden Nachrichten zum Klimawandel erwarten die Verbraucher jetzt echte Veränderungen. Durch die Suche nach Kooperationen können Sie schnell und effizient neue Strategien und Best Practices entwickeln, denn wir haben keine Zeit zu verlieren.

Digital Touchpoints: Websites und Apps müssen so gestaltet (oder umgestaltet) werden, dass sie die Customer Journey vereinfachen und Problemstellungen für Kunden beseitigen oder wenigstens minimieren. Computer Vision beispielsweise kann Kunden dabei helfen, sich bei den kritischen Fragen zu Markenechtheit, Passform und Qualität von Kleidung sicherer zu fühlen. Auch Smart Tags sind ein denkbares digitales Tool, mit dem sich der Lebenszyklus eines Kleidungsstücks nachverfolgen lässt und das Verbrauchern bei ihren Kaufentscheidungen fundierte Informationen liefert.

Logistik/Betrieb: In Sachen Kundenerlebnis und Umsatz tragen die Arbeiten im Hintergrund entscheidend zum Erfolg bei. Es ist daher äußerst wichtig, dass Sie sich genau überlegen, wie Sie 1.) die Kleidungsstücke einsammeln und ausliefern, 2.) den Reinigungsvorgang optimieren, 3.) die Echtheit der Marke mit Unterstützung der Blockchain-Technologie zertifizieren und 4.) die Artikel in speziell für ReFashion vorgesehenen Depots lagern.

In-Store-Experience: Bei nicht-digitalen oder hybriden Interaktionen ist es wichtig, die Probleme der Kunden zu verstehen und möglichst gering zu halten. Ob Reparatur, Recycling, Tausch oder Upcycling – Kunden möchten das Gefühl haben, den Prozess nachvollziehen zu können und für ihren Einsatz einen Gegenwert erhalten. Es ist bekannt, dass beispielsweise Transparenz das Vertrauen stärkt. Wenn Kunden den Lebenszyklus von Textilien zumindest teilweise nachhalten können (also z. B. die Wiederaufbereitung oder das Recycling), schenken sie der Marke oder dem Unternehmen mehr Vertrauen. Eben dieses Konzept, nämlich den Menschen bzw. den Kunden in den Mittelpunkt zu stellen, spielt bei der Entwicklung eines perfekten Einkaufserlebnisses im Geschäft eine zentrale Rolle.

Kommunikation & Branding: ReFashion hat ganz unterschiedliche Zielgruppen, und Marken müssen herausfinden, wie sie ihr jeweiliges Publikum am besten ansprechen. ReFashion ist auch eine Möglichkeit, den Einsatz eines Unternehmens für nachhaltige Entwicklung zu kommunizieren. Denn Umweltschutz, Soziales und Unternehmensführung (ESG)sind wichtige Faktoren, die thematisiert werden müssen, um relevant zu bleiben.

Datenoptimierung: Daten sind Ihr Grundkapital. Damit Sie Ihre Strategie umsetzen und Ihre Kunden besser verstehen können, ist es von entscheidender Bedeutung, Daten aus sämtlichen Quellen an einer Stelle zusammenzuführen.  Das ist häufig eine echte Herausforderung, insbesondere dann, wenn mehrere Abteilungen oder Geschäftsbereiche (z. B. E-Commerce, stationäre Filialen) unterschiedliche Prozesse verwenden, wodurch Datensilos entstehen. Der Abbau solcher Silos fördert die Zusammenarbeit und Koordination.

Ein Erfolgsmodell

Ein ständiges Auf und Ab ist ganz normal, wobei ReFashion schon jetzt das Modell der Zukunft ist. Von der Materialbeschaffung über die Fertigung bis hin zum Kundenerlebnis gibt es Wege, den Lebenszyklus von Textilien zu verbessern. Unternehmen müssen im Auge behalten, welche Geschäftsmodelle, Serviceleistungen und Kauferlebnisse als Nächstes gefragt sind, um dem Wettbewerb stets einen Schritt voraus zu sein.